Vielen Dank, dass ich das Warburger Religionsgespräch mit Bundespräsident Wulff und sechs Vertreterinnen und Vertretern des Buddhismus, des Christentums und des Islams moderieren durfte. Das Gespräch offenbarte, dass und wie ein tolerantes Miteinander gelingt.
foto: ArrHart
Es ist beeindruckend, welche religiöse und damit auch kulturelle Vielfalt die Menschen in Warburg Tag für Tag leben. Hier, im klassisch katholischen Land und beinahe in Sichtweite des Hohen Doms zu Paderborn, gibt es freilich die katholische Kirche. Sichtbar und spürbar sind auch die Evangelische Kirche, eine Freie Evangelische Gemeinde, die Neuapostolische Kirche und Baptisten. Überragende Bedeutung erlangt Warburg als das Zentrum der syrisch-orthodoxen Christen in Deutschland mit dem Sitz des Erzbischofs. Es gibt den Islamischen Kulturverein mit einem Haus für das Freitagsgebet und einen buddhistischen Tempel im Bahnhofsgebäude mit einer Gemeinde, die aus dem gesamten deutschsprachigen Raum nach Warburg blickt und kommt.
Ein Grund für das gute Zusammenleben mag die Überschaubarkeit der Stadt sein, aber vor allem die ganz selbstverständliche Begegnung all dieser Menschen unterschiedlicher Religionszugehörigkeit im Alltag. Warburg zeigt, dass Vielfalt Reichtum ist.
Herausragend ist auch die Initiative des Bürgermeisters Tobias Scherf, die Religionen in all ihrer Vielfalt mit dem Warburger Religionsgespräch in den Mittelpunkt der Begegnung und des Diskurses gerückt zu haben – insbesondere in einer Zeit, da manche Menschen in diesem Land die Furcht vor Vielfalt aufwühlt, und die Feinde des guten Zusammenlebens Angst erzeugen und verbreiten, um andere Menschen aufzuwühlen und Hass zu säen.
Das Warburger Religionsgespräch und die Vorgespräche mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern unserer Gesprächsrunde haben mir schließlich gezeigt, welches Potential auch in einer kleineren Stadt vorhanden ist. Freilich, hier wird es keine Institution wie eine „Evangelische Akademie“ geben. Aber eine Einrichtung ähnlich wie ein „Evangelisches Forum“, sozusagen eine kleine Stadtakademie oder vielleicht eine beispielgebende Kleinstadt-Akademie im „Zwischenraum“ zwischen den größeren Städten, wäre schon denkbar. Ich bin in Warburg Menschen begegnet, die genug Impulse zu setzen in der Lage sind, um eine solche Institution des Austauschs über das Jahr mit Leben zu füllen - mit einem Programm, das zugleich den Geist, wie auch alle Sinne anspricht. Ein Forum, das nicht segregiert, sondern inkludiert, nicht auseinander-, sondern zusammenführt.
Für die Ortskundigen habe ich schon erste Ideen: Die katholische Seite lädt ein zu „Pfarrer Piepers philosophischer Salon“. Partizia Müller, die evangelische Pastorin, offenbart „Meine römische Liebe“ und erläutert in einer weiteren Veranstaltung das Verhältnis von Mensch und Tier am Beispiel des Hundes. Sie wird erklären, warum das Tier keine Sache ist, wie es Kant behauptet hat. Pfarrer Bernd Kappes (Ev. Akademie Hofgeismar) dürfte sich freuen, hierzu einen Beitrag zu leisten. Ayse Ergin nimmt den Buchtitel von Jan Loffeld „Wenn nichts fehlt, wo Gott fehlt“ auf und berichtet von dem Wandel, den sie in der deutschen, aber auch in der türkischen Gesellschaft beobachtet. Detlev Schmidt erläutert im Vergleich von Autoindustrie und zum Beispiel dem Gesundheitssystem, warum Qualität kein lästiger Kostenfaktor und niemals zu teuer ist, sondern im Gegenteil den Erfolg begründet und Kosten senkt. Schließlich spricht Tu Houa, der aus Laos stammt und seit vielen Jahren in Warburg lebt, über das Verhältnis von Glauben, Lachen und guten Geschäften. Und wenn sich die Akteure während der Veranstaltungen online international vernetzen mit Referenten und Rezipienten, dann liegt Warburg mittendrin.