Claus Peter Müller
von der Grün

Verdrängt Autonomes Fahren den ÖPNV?

Das Autonome Fahren kann den Öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) schon in zehn bis fünfzehn Jahren regelrecht „überrollen“ oder ihn revolutionieren. Das ist das Fazit eines Masterprojekts zum Autonomen Fahren an der UNIKIMS, der Management School der Universität Kassel.

Mit oder ohne Fahrer? Auf den Piktogrammen an den Bahnhöfen vollzieht sich der Systemwechsel zum Autonomen Fahren im Handumdrehen. Fotomontage: Karola Müller v. d. Grün

„Im Extremfall“, heißt es in der Studie, wäre das Autonome Fahren „existenzbedrohend“ für den ÖPNV, denn dessen Alleinstellungsmerkmal, ohne eigene Fahrerlaubnis gefahren zu werden, ginge verloren. Der Leiter des Projekts, Alexander van Wersch, von der DB Regio AG in Nürnberg und Student in dem Studiengang, fordert die öffentlichen Verkehrsunternehmen auf, gemeinschaftlich zu handeln, um das Thema zu besetzen. Gegenüber den Belegschaften der Verkehrsunternehmen, die sich komplett verändern werden, fordert das Projektteam eine offene Kommunikation. Ungeachtet dessen seien Widerstände aus den Belegschaften zu erwarten, denn mit der Umstellung auf das Autonome Fahren auf Straße und Schiene werden die Fahrer überflüssig, während anders qualifiziertes Personal benötigt werde.

Die Verkehrsunternehmen, heißt es in der Studie, müssten der Politik die Bedeutung des Wandels klarmachen und sich in eine Definition des Gemeinwohls unter den vollkommen neuen Bedingungen einbringen. Die Privilegien, die der ÖPNV heute schon genieße - etwa mit dem Recht, in Fußgängerzonen einzufahren oder über Vorrangschaltungen an Ampeln beschleunigt durch die Städte geschleust zu werden -, sollten erhalten und auf autonom fahrende Autos im öffentlichen Besitz ausgeweitet werden. Die Nutzung privater Fahrzeuge im Sinne des hergebrachten Individualverkehrs sollte hingegen eingeschränkt werden, auch wenn diese autonom fahren. Das Projektteam schlägt für den klassischen Individualverkehr zum Beispiel Einschränkungen beim Befahren der Städte, eine City-Maut, die Verknappung von Parkraum, eine Steuerung über Parkgebühren und ein Tempolimit in Städten von 30 Kilometer in der Stunde vor.

https://www.unikims.de/de/newsarchiv/verdraengt-autonomes-fahren-den-oepnv-