Claus Peter Müller
von der Grün

Ukraine-Krieg und Cybersicherheit

Die Bedrohung im Cyber-Raum nimmt zu. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine ist auch im Netz spürbar. Das ist ein Ergebnis der Diskussion um Cybersicherheit, die ich als Veranstaltung der WFG Region Kassel, der Hessen Trade and Invest sowie der IHK Kassel-Marburg moderiert habe.

Foto: Harry Soremski

Konsens herrschte unter dem Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Informationssicherheit, Prof. Dr. Roßnagel, IT-Unternehmern und Offizieren der Bundeswehr aber auch, dass der deutsche und europäische Datenschutz Ausdruck unserer gemeinsamen Werte ist und im globalen Markt ein Alleinstellungsmerkmal bildet, das gegenüber Mitbewerbern einen klaren Vorteil verschaffen kann. Denn in Zeiten der militärischen Aggression und des Versuchs der kriegerischen Annexion sowie der Herrschaftsausübung über Menschen mit digitalen Instrumenten seien Demokratie, Selbstbestimmung und Meinungsfreiheit herausragende Werte.

Mit dieser Pressemitteilung hatte die WFG zuvor auf die Veranstaltung hingewiesen:

Die Stadt Kassel setzt sich intensiv mit den weitreichenden Folgen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine mitten in Europa auseinander.  Kassels Oberbürgermeister Christian Geselle: „Gerade im Hinblick auf die Kosten für Strom und Heizung dürfen wir unsere Bürgerinnen und Bürger nicht allein lassen, sondern müssen für Planungssicherheit und Preisstabilität sorgen.“  Die Wirtschaft bekomme nicht nur die steigenden Energiepreise zu spüren, sondern leide auch an Lieferengpässen und müsse sich von einer stetig steigenden Zahl an Cyberangriffen schützen. „Genau auf diesen Feldern unterstützt unsere Wirtschaftsförderung Region Kassel GmbH, in dem sie Informationen sammelt, aufbereitet und den Unternehmen mit einem Lagebild hilft, die Situation zusätzlich besser einschätzen und mit Gefahren umgehen zu können“, sagt Geselle.

Der Oberbürgermeister verweist auf eine aktuelle Umfrage der WFG. Danach treffen die Kriegshandlungen in der Ukraine und deren Folgen dreiviertel der befragten Unternehmen (75,3 %) in der Region Kassel. An der Umfrage haben vom 25. März bis zum 29. April dieses Jahres 85 Unternehmen aus der Region Kassel teilgenommen. Zwar sieht etwas mehr als die Hälfte der Befragten keinen (52,9 %) oder lediglich einen geringen Einfluss (25,9 %) der Sanktionen gegen Russland auf ihr Unternehmen. Wohl aber spüren die Unternehmen die steigenden Energie- und Rohstoffpreise: Knapp die Hälfte der befragten Unternehmen sieht durch die steigenden Preise einen starken (43,5 %) bis hin zu einem existenzbedrohenden Einfluss (3,5 %) auf ihre Geschäftstätigkeit. Die Auswirkungen des Krieges auf die Unternehmensumsätze kann der Großteil der befragten Unternehmen (70,6 %) noch nicht abschätzen, jedoch gehen einige Unternehmen von sinkenden (11,8 %) bis stark sinkenden (2,4 %) Umsätzen aus. Wegen der Ungewissheit, die der Krieg ausgelöst hat, wünscht sich mehr als die Hälfte der Befragten (55,3 %) eine stärkere Vernetzung zwischen den Unternehmen in Kassel und knapp Zwei Drittel (61,2 %) eine Möglichkeit zum Austausch.

„Genau diesen Austausch organisiert unsere WFG auch zur Cybersicherheit als einem weiteren drängenden Thema“, erläutert Geselle. Gemeinsam mit der Bundeswehr – Cyberkommando Bonn, der IHK Kassel-Marburg sowie der Hessen Trade & Invest GmbH lädt die WFG Region Kassel am 29. Juni 2022 zur Veranstaltung ,Cybersicherheit 2022: Global denken – Individuell handeln‘.  Es diskutieren Fachleute der Bundeswehr, aus der Wirtschaft und der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit über Cybersicherheit, die nach Einschätzung von Fachleuten durch immer komplexere Angriffe in hohem Maße gefährdet ist.

Falk Ostermann, Oberstleutnant und Referatsleiter im Kommando

Cyber- und Informationsraum der Bundeswehr, fordert als Referent der Tagung im Gespräch mit der WFG die Unternehmen auf, den Kern des eigenen Business zu erkennen, zu definieren und zu schützen: „Unser Wissen bildet die Gold Nuggets unserer Gesellschaft. Darum müssen wir unser Wissen schützen.“ Denn es gebe unterschiedliche Akteure, die uns aus verschiedenen Motiven mit ihren Angriffen treffen wollten. Die IT-Leute wissen nach Ostermanns Einschätzung, worauf es ankommt, aber eine Geschäftsführung müsse den Schutz auch bezahlen wollen. „Sicherheit muss ich mir einkaufen“, sagt Oberstleutnant Ostermann. Das sei die Baseline. Ein Unternehmen dürfe den Kauf von Sicherheit nicht als zusätzliche Belastung empfinden, sagt Ostermann und fährt fort: „Wenn das nicht klar ist, habe ich ein Kultur-Problem. Das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) macht Vorgaben und gibt Empfehlungen, damit wir unser Wissen als Kern unseres Systems oder Geschäfts schützen. Ich kann nur empfehlen, auf die Fachleute zu hören.“

„Die Bedrohungslage ist brutal und wird immer intensiver. Die Angriffe werden immer komplexer“, stellt Kai Reinhard, CEO der Micromata GmbH, gegenüber der WFG fest. Neben den verbreiteten Erpressungsversuchen nach einem Ransom-Angriff, der zur Verschlüsselung von Daten führt, gebe es auch Versuche, unerkannt in Unternehmensnetzwerke einzudringen, um von dort aus weitere Angriffe auf Dritte zu starten. „Ziemlich gemein“ seien die zielgerichteten Angriffe auf ein Unternehmen von Wettbewerbern. Zu diesem Zweck würden zum Beispiel Praktikanten eingeschleust oder Mitarbeiter bestochen, um entsprechende Hard- und Software zu installieren. Immer wieder ließen sich Nutzer auch dazu verleiten, unbekannte USB-Sticks zu verwenden, die zum Beispiel vor einem Unternehmen mit einer Beschriftung wie „Private Pornos“ abgelegt seien, die Neugier wecke. Sobald der Stick in die Buchse eingeführt sei, beginne die Schadsoftware zu arbeiten. Die Täter seien professionell aufgestellt. Sobald eine neue Sicherheitslücke in einer Software bekannt werde, gebe es nicht nur die Schadsoftware, sondern auch die fachkundige Dienstleistung für deren Anwendung zu kaufen, um diese Lücke zu einem kriminellen Zweck auszunutzen. Auf die Frage, ob die Zahl der Angriffe im Zusammenhang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zugenommen habe, antwortet Kai Reinhard: „Wir merken ein hohes Grundrauschen, und Angriffe laufen permanent.“

Die komplette Umfrage finden Sie unter:  www.wfg-kassel.de

Die Einladung zur Veranstaltung finden Sie unter diesem Link:

https://www.wfg-kassel.de/ak:tuelles/news-liste/nd/2022-05-31-cybersicherheit-2022-global-denken-individuell-handeln