Claus Peter Müller
von der Grün

Sozial-ökologische Marktwirtschaft

Auf dem 2. Kasseler Energiemanagertag hat Walter Kohl zum Umstieg auf die sozial-ökologische Marktwirtschaft aufgerufen, und etwa 100 Energiemanager haben den Weg in eine nachhaltige Wirtschaft diskutiert. Gastgeber war Peter Otto, und ich durfte moderieren.

Claus Peter Müller v. d. Grün im Gespräch mit Walter Kohl

Der Kasseler Energiemanagertag gilt als die größte Fachveranstaltung für die relativ junge Zielgruppe der Energiemanager (Energiemanagementbeauftragten) in Deutschland, die mit der Einführung einer Industrienorm seit 2011 entstanden ist. Peter Otto, Mitbegründer der Initiative e42 (Engineers for the 2 degrees target) und Geschäftsführer der Postberg+Co. GmbH, hat den Kongress 2019 etabliert. Peter Otto verwies in Kassel auf den Erfolg der Energiewende: „Wir haben unseren Strom in Deutschland im Corona-Jahr 2020 zu 55 Prozent erneuerbar erzeugt. Das ist eine echte Erfolgsgeschichte.“ Auch sei es im Kampf gegen den Klimawandel seit 2000 in einem „ersten Schritt immerhin gelungen,  das Wachstum vom Energieverbrauch und den CO2 Emissionen durch mehr Energieeffizienz zu entkoppeln“. Jedoch seien in derselben Zeit auch viele energieintensive Industrien nach Indien und China abgewandert. Peter Otto will mit den Energiemanagertagen die relativ junge Gruppe der Energiemanager vernetzen und fachlich stärken. Das Berufsbild sei erst vor 10 Jahren offiziell geschaffen worden. Es gebe viele junge Energiemanager, die durch den Erfahrungsausstauch mit den Älteren der Berufsgruppe schneller lernen könnten.

Die Teilnehmer des 2. Kasseler Energiemanagertages am 24. Februar 2021 erhielten Informationen aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft - wie zum Beispiel diese:

Die Europäische Kommission arbeitet derzeit an der rechtlichen Grundlage für eine künftige Wasserstoffinfrastruktur. Darüber hat Thilo von der Grün von der ENTSOG, dem Europäischen Verband der Fernleitungsnetzbetreiber mit Sitz in Brüssel, auf dem 2. Energiemanagertag berichtet. Die Fernleitungsnetzbetreiber haben bereits visionäre Wasserstoffnetze erarbeitet, die aus umgestellten Erdgasleitungen bestehen und Produzenten, Speicher sowie Verbraucher verbinden. Der Verband habe sich im "2050 Roadmap Action Plan" zu einem "intensiven Dialog“ auf EU-Ebene mit der Industrie sowie den Betreibern von Strom- und Gasnetzen verpflichtet, heißt es in Brüssel. Die ENTSOG beteilige sich an der Europäischen Allianz für sauberen Wasserstoff. Diese habe die EU als Teil ihrer H2-Strategie ins Leben gerufen. Es gehe um Fragen nach künftigen Gasnetzen, einem gemeinsamen Netzentwicklungsplan sowie nach Gasqualitäten und Zertifikaten.

Vor den Energiemanagern aus ganz Deutschland warb Prof. Dr.-Ing. Peter Birkner, Geschäftsführer des Hessischen House of Energy in Kassel, für den Einsatz von Wasserstoff im Dienst der Energiewende. Es gehe im Kern um die Reduktion des globalen CO2-Ausstoßes. Elektrische Energie, Wasserstoff aber auch Energieeffizienz und Suffizienz sind für Peter Birkner entscheidende Lösungselemente. Die Transformation des Energiesystems sei tiefgreifend. Sie erfordere viel Kapital und benötige Zeit. Genau diese aber sei nicht vorhanden. „Die ,folgenfreie‘ Aufnahmefähigkeit der Atmosphäre für Treibhausgase ist nahezu erschöpft. Es ist daher entscheidend auch in kurzfristig wirkenden Übergangslösungen – wie beispielsweise türkisem oder blauem Wasserstoff – zu denken. Eine perfekte Lösung – wie grüner Wasserstoff – die zu spät kommt, hilft weder uns, noch dem Klima.“

Auf die Frage, ob Wasserstoff die ideale Lösung zur Speicherung von Energie sei, antwortete Peter Birkner, die Energiewende benötige Flexibilitäten und Speicher zur Stabilisierung der volatil und intermittierend verfügbaren erneuerbaren Energien. Die Erzeugung von Wasserstoff durch Elektrolyse biete Flexibilitätsoptionen. Wasserstoff sei speicherbar und könne – unter deutlichen Verlusten – zur Stromerzeugung herangezogen werden. Dennoch werden im Energiesystem der Zukunft auch andere Optionen mit anderen Charakteristika benötigt wie Batterien, Wärmespeicher und Pumpspeicherkraftwerke. „Allerdings findet Wasserstoff als Multitalent auch in den Bereichen Mobilität, Wärme, Chemie und Stahlerzeugung Anwendung“, sagte Peter Birkner: „Wasserstoff ist nicht die einzige Speicherlösung, aber er ist ein notwendiges und zentrales Element eines nachhaltigen, multimodalen und integrierten Energiekonzepts.“

Timon Gremmels (SPD), direkt gewählter Bundestagsabgeordneter aus Kassel, warb für die Abschaffung der EEG-Umlage, die zum Ausbau der Erneuerbaren Energien auf den Strompreis erhoben wird. Gremmels ist Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie.  Zur Eröffnung des Zweiten Kasseler Energiemanagertages sagte Gremmels: „Am Beispiel der Wasserstoff-Produktion zeigt sich exemplarisch, welche Bedeutung bezahlbare Erneuerbare Energie für Industrie und Innovation innehat. Als SPD-Bundestagsfraktion wollen wir die EEG-Umlage bis Mitte des Jahrzehnts deshalb für alle Anwendungen ganz auf null absenken. Denn nur mit bezahlbarem Strom aus Wind und Sonne sichern wir die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Industrie und lösen die Fesseln der Energiewende."

Hier der Link zu e42. Der Beitrag über den 2. Kasseler Energiemanagertag wurde dort am 1. März 2021 publiziert:

 

https://e42.world/de/presseservice