Claus Peter Müller
von der Grün

Geopolitischer Wandel

Der Kontakt zu China dürfe nicht abreißen. Das hat Prof. Dr. Nicole Deitelhoff, Direktorin des Leibniz Instituts Hessische Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung an der Universität Frankfurt, auf meine Frage nach der richtigen Strategie im geopolitischen Wandel geantwortet.

Foto: Danny Nils Schneider / Wirtschaftsförderung Region Kassel GmbH

Während einer Veranstaltung des Netzwerks Hessen-China in Kassel moderierte ich die Diskussion mit der Wissenschaftlerin. In Zeiten der geopolitischen Veränderungen und der Positionierung Deutschlands mit der erstmalig formulierten China-Strategie der Bundesregierung sei es wichtig, „im Bereich der politischen, der kulturellen oder zivilgesellschaftlichen Verflechtung alles zu versuchen, um die Kontakte nicht abreißen zu lassen, um unser Gegenüber besser zu verstehen, und um zu wissen, wie die andere Seite denkt“, sagte Deitelhoff. Verflechtung sei „nicht so eine schlechte Sache“, weil sie die Kosten von – im schlimmsten Falle bewaffneten - Konflikten nach oben treibe. Gesellschaften, die  miteinander gute Geschäfte machten, haben weniger Interesse, diese durch einen Konflikt zu belasten oder zu zerstören. „Deswegen ist es so wichtig, dass wir Dialog und Zusammenarbeit aufrechterhalten. In den Bereichen, in denen wir es mit symmetrischer, gleichgewichtiger Verflechtung zu tun haben, sollten wir diese in jedem Fall aufrechterhalten oder sogar noch ausweiten“, antwortete Deitelhoff auf die Frage nach den künftigen Aufgaben des Netzwerks Hessen-China. Im Verhältnis mit China befürworte sie nicht das Decoupling, die Entkoppelung, sondern es gehe um Derisking, also um die Minderung bestimmter Risiken im wirtschaftlichen Austausch. Unabhängig von China gelte: Der Glaube an die Rückkehr zu ungetrübten Handelsbeziehungen sei angesichts der geopolitischen Veränderungen eine Illusion. Die Politik werde in die Handelsbeziehungen künftig stärker „hineinregieren“. Die Welt und die Handelsbeziehungen werden unsicherer, und mehr Sicherheit durch die Flexibilisierung von Lieferketten und Redundanzen in den Wertschöpfungsketten zu schaffen, werde teurer. Deitelhoff warnte vor einem sich selbst verstärkenden Kreislauf, in dem die weltweiten wirtschaftlichen Verflechtungen abnehmen und militärische Optionen denkbarer werden.

Hier geht es zur Pressemeldung der WFG Region Kassel:

https://www.wfg-kassel.de/aktuelles/news-liste/nd/2023-11-17-im-geopolitischen-wandel-den-kontakt-zu-china-halten