Claus Peter Müller
von der Grün

Erinnern und warnen

Kriegseltern halfen Regina Sluszny, als Kind die Verfolgung durch die Nationalsozialisten zu überleben. Torsten Krückemeier, Polizeipräsident in Gießen, hilft, dass ihre Geschichte nun auf Deutsch erscheint. Und er warnt vor Rechtsextremismus. Ich führte ein Interview mit ihm.

Foto: Karola Müller v. d. Grün

Das Gespräch erschien im Rotary Magazin online. Ich zitiere daraus an dieser Stelle drei Fragen und Antworten:

Lieber Torsten Krückemeier, Ihr Engagement für die vergessenen Kinder hat eine Vorgeschichte. Die begann, als Sie im hessischen Innenministerium als Beamter die Fachaufsicht über den Verfassungsschutz hatten und der Untersuchungsausschuss zum Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Dr. Walter Lübcke lief. Ihnen ist damals bewusst geworden, wie verbreitet der Rechtsextremismus in der Gesellschaft ist.....

Ja, genau. Allerdings war ich bereits zu Beginn der 2000er Jahre als junger Polizist häufig im Kontext von Versammlungen und Demonstrationen der rechtsextremen Szene hessen- aber auch bundesweit eingesetzt. Damals habe ich Rechtsextreme jedoch mehr als Skinheads wahrgenommen. Der uns wohlbekannte Stereotyp mit Bomberjacke, Glatze und Springerstiefeln. Als ich die Fachaufsicht über das Landesamt für Verfassungsschutz ausüben durfte, habe ich aber erkennen müssen, dass das Phänomen gesellschaftlich viel tiefer verankert ist und es mehr als nur den offensichtlich erkennbaren Rechtsextremisten gibt.

Ich habe mich eingehend nicht nur mit dem Mord an Dr. Walter Lübcke und den Ermittlungen rund um das Tötungsdelikt befasst, sondern auch mit dem Phänomen Rechtsextremismus in seiner gesamten Breite. Die Dimension, dass der Rechtsextremismus weit in alle Schichten der Gesellschaft hineinreicht, auch in Schichten, die wir als gebildet und wohlhabend beschreiben, ist mir erst während dieser Zeit richtig bewusst geworden.

Was ist denn Rechtsextremismus – sozusagen hinter dem Schlagwort "Nazi", und wie erkenne ich ihn, wenn schon nicht an Frisur und Schuhwerk seiner Vertreter?

Rechtsextremismus ist vielfältig in seinen Erscheinungsformen. Er umfasst in meinen Augen insbesondere rassistische oder fremdenfeindliche Ansichten, die Verherrlichung von autoritären, nationalistischen Ideologien, Verschwörungsmythen und damit vielfach einhergehend eine Abwertung der Demokratie. Rechtsextreme Ideologien versuchen, zu polarisieren und die Gesellschaft zu spalten. Es wird ein "Wir gegen die Anderen"-Denken gefördert. Die komplexen Fragen unserer Zeit sollen mit einfachen populistischen Antworten gelöst werden – das kann allerdings nicht funktionieren.

Wie hat der geschärfte Blick, mit dem Sie nun den Rechtsextremismus wahrgenommen haben, Ihr Handeln verändert?

Ich durfte im September 2023 das Amt des Polizeipräsidenten in Mittelhessen übernehmen. Also kurz vor dem grausamen Überfall der Hamas auf Israel. Unmittelbar danach war ich entsetzt, dass israelische Flaggen gestohlen oder beschädigt und Jüdinnen und Juden in Deutschland bedroht wurden. Ich bin überzeugt davon, dass unser Grundgesetz und die damit verbundenen Werte der Grundstein unseres Wohlstandes ist. Umso erschreckender war es für mich zu sehen, wie verschiedene Volksgruppen und insbesondere die jüdischen Gläubigen offen angefeindet wurden und werden. Als Polizist habe ich mich verpflichtet, die Grundrechte aller Menschen zu verteidigen. Insofern habe ich mich dazu entschlossen, noch stärker gegen Diskriminierungen, Anfeindungen und insbesondere Antisemitismus vorzugehen.

Das gesamte Interview lesen Sie hier:

 

https://rotary.de/clubs/distriktberichte/die-vergessenen-kinder-a-25291.html