Claus Peter Müller
von der Grün

Ein Ort des Muts und der Zuversicht

Die Evangelische Akademie Hofgeismar hat eine neue Studienleitung. Als Vorsitzender des Kuratoriums der Akademie und im Namen des Freundeskreises der Akademie heiße ich alle Neuen herzlich willkommen.

Die Akademie wurde geboren aus einer Zeitenwende. Denn in den Jahren 1933 bis 1945 war die Evangelische Kirche gewiss kein Ort des Widerstands. Die Bekennende Kirche war klein. Aus dem Schrecken und dem Erschrecken heraus wurden die Akademien gegründet. Ihre Gründung und ihr Wirken hinein in die Öffentlichkeit markieren eine Zeitenwende hin zum Guten.

Nun werden wir abermals Zeitzeugen einer Zeitenwende, in der wir nicht wissen, wohin sich die Welt nun wenden wird. Egon Bahr hat einmal gesagt: Amerika ist unverzichtbar, und Russland unverrückbar. Dieser Nachbar hat einen Krieg in Europa begonnen, etwa acht Autostunden von Hofgeismar aus.

Die Informationen, die wir – vielfach nur bruchstückhaft und nicht überprüfbar – von dort erhalten, sind irritierend. Diese Bedrohungslage und ihre Unübersichtlichkeit wirken verstörend.

Die Verstörung nimmt Besitz von unseren Gefühlen und Gedanken.

Begriffe und Kategorien des Krieges durchsetzen die Debatten und das Denken. Angst sickert ein, wie sie manche von uns aus der Zeit der Kuba-Krise oder aus dem Herbst 1983 noch kennen. Die Angst wiederum macht uns klein und zaghaft. Oder aggressiv und rachsüchtig. Die Angst degradiert uns vom Subjekt zum Objekt. Genau darin aber liegt eine Gefahr, die uns von der Chance auf eine Lösung eher fort- als zu ihr hinführt.

Gefragt ist nicht Angst, sondern der Mut, die Angst zu überwinden.

Nicht Verzagtheit eröffnet uns die Perspektive auf eine bessere Zukunft, sondern Zuversicht, aus der heraus wir ein Ziel und eine Strategie entwickeln, um dieses Ziel zu erreichen. Das Ziel kann zum Beispiel lauten: „Freiheit in Frieden“. Die Freiheit ist unverzichtbar. Den Frieden gegen die Freiheit ausspielen zu wollen, das ist ein böses Spiel. Ja, ich frage: Kann es Frieden ohne Freiheit überhaupt geben?

Eine Evangelische Akademie ist genau ein solcher Ort, dessen originäre Aufgabe es ist, Mut und Zuversicht zu vermitteln. Zumal in einer Zeitenwende. Ein Ort, der durchweht wird von der Freiheit des Christenmenschen. Zumal in einer Zeitenwende. Ein Ort, der in seinem Namen unmittelbar Bezug nimmt auf das Evangelium, und damit auf eine Botschaft, in der sich Mut und Zuversicht immer wieder offenbaren. Auch in vermeintlich ausweglosen Lagen.

Liebe Neue, ich gratuliere Ihnen, an einem solchen Ort wirken zu dürfen. Sie haben eine Botschaft, und Sie haben einen Auftrag, der Ihre Arbeit auszeichnet und herausragen lässt. Und Sie haben eine schöne Aufgabe. Ich wünsche Ihnen, dass Sie Ihre Aufgabe jeden Tag mit Freude angehen werden.

Wir, das Kuratorium und der Freundeskreis, wünschen Ihnen von ganzem Herzen eine erfüllende Zeit hier in Hofgeismar und überall dort, wo Sie sagen, dass diese Akademie Stellung nehmen soll. Denn das Wort ist nicht an einen Ort gebunden. Mögen die Menschen zu Ihnen kommen, und gehen Sie auch zu den Menschen.