Claus Peter Müller
von der Grün

Durchbruch statt Endstation

Die Strahlentherapie hilft und heilt. Einst galt sie als Endstation in der Krebsbehandlung. Heute sehen sie Wissenschaftler als Durchbruch in die Zukunft einer modernen Therapie. Das zeigt ein Besuch im Onkologischen Zentrum am Klinikum Fulda.

Quelle: Klinikum Fulda

„Der Durchbruch in die Zukunft der Krebstherapie ist ohne Radioonkologie nicht denkbar“, sagt Professor Dr. Heinz-Gert Höffkes, Leiter des Onkologischen Zentrums am Klinikum Fulda (OZKF): „Jeder wird in seinem Leben mit Krebs konfrontiert, denn wir werden heute doppelt so alt, wie es uns die Evolution zubilligt“. Krebs entwickle sich langsam, und Metastasen kommen nach der Schilderung Höffkes spät. Sie treten vermehrt von der sechsten Lebensdekade an auf. Bisher sei der Krebs häufig erst in diesem späten Stadium erkannt worden. Dann sei aber nur noch die systemisch-palliative Behandlung möglich. „Pallium“ heißt im Lateinischen „der Mantel“. Die palliative Behandlung soll das Leiden mithin „ummanteln“, es lindern. „Doch wenn wir es schaffen“, sagt Höffkes, „Krebs frühzeitig zu erkennen und nachzuweisen, wird es immer wahrscheinlicher, den Krebs tatsächlich zu eliminieren, ihn zu heilen. Wir wollen hin zu einer fokal-kurativen Therapie“, die die Erkrankung am Ort ihres Auftretens (Fokus) angreift und nicht nur lindert, sondern heilt (curare). Hier sieht Höffkes die Disziplinen „Stahl, Strahl und Chemotherapie“, die Chirurgie, die Strahlentherapie und die Onkologie, als Schlüsseldisziplinen, um den Krebs fokussiert und heilend anzugreifen.

 Symbiotische Ergänzung von Strahlen- und Immuntherapie

 Insbesondere, sagt Höffkes, spreche für die Strahlentherapie, dass sie nicht nur für ältere Patienten relativ schonend anzuwenden sei, sondern dass sie sich auch mit neuen modernen Medikamenten wie zum Beispiel der Immuntherapie, die erst an ihrem Anfang stehe, symbiotisch ergänze. Höffkes erläutert, es gebe neue Medikamente, die eben nicht Teil einer Chemotherapie seien, sondern die in die zellvermittelte Immunität zielgerichtet eingriffen und diese verstärkten. Die Immuntherapie ziele darauf, dass die natürlichen Abwehrkräfte eine Tumorzelle wie ein Bakterium erkennten und abtöteten oder diese Zelle gar nicht erst entstehen ließen. Es gebe aber Zellen, die könnten sich gleichsam maskieren und sich ihrer Erkennung entziehen. Durch Bestrahlung würden diese Zellen zerstört. Ihre Fragmente wiederum seien antigen wirksam und würden von den Immunkräften des Körpers wieder als gefährlich erkannt. „Wir können die immunologische Reaktion durch die Strahlentherapie triggern“, also auslösen, sagt Höffkes.

Mit Strahlen gegen Prostatakrebs, Bronchialkarzinom und Hirntumoren

In der Krebstherapie trete die Strahlentherapie mit zunehmendem Erfolg als Alternative zur Chirurgie an, sagt Prof. Dr. Horst Jürgen Feldmann, Leiter des Instituts für Radioonkologie-Strahlentherapie des OZKF. Während in Deutschland noch zweidrittel aller intervenierenden Prostatabehandlungen chirurgisch seien und nur ein Drittel strahlentherapeutisch, sei das Zahlenverhältnis in den USA schon umgekehrt. Feldmann schildert auch deutliche Erfolge in der strahlentherapeutischen Behandlung von Hirn-, Kopf-Halstumoren, Bronchialkarzinomen und gynäkologischen Tumoren. Mit dem zunehmenden Durchschnittsalter der Bevölkerung, das eine schonendere Behandlung und den Verzicht auf operative Eingriffe und die Risiken einer Betäubung sinnvoll erscheinen lasse, sieht Feldmann die Bedeutung seiner Fachrichtung wachsen: „Bei lokal fortgeschrittenen Tumoren kommt in der Regel nur die Strahlentherapie gegebenenfalls in Kombination mit einer Chemotherapie als verbleibende kurative Behandlungsoption in Frage.“

Die neue Rolle der Radioonkologie

Die Rolle der Strahlentherapie in der Krebsbehandlung hat sich grundlegend gewandelt. Früher, blickt Feldmann auf 30 Jahre Erfahrung in diesem Fach zurück, seien die Vertreter seiner Disziplin konsiliarisch, also beratend, hinzugezogen worden, „wenn die eigentliche Therapie schon gelaufen war“. Heute aber seien die zertifizierten Krebszentren wie jenes in Fulda multidisziplinär aufgestellt. In den Tumorboards seien, je nach Organgebiet, bis zu 20 Ärzte verschiedener Fachrichtungen vertreten, um die passende Therapieempfehlung für den einzelnen Patienten zu beschließen. „Hier bringt der Radioonkologe von Beginn an seine Argumente ein“, sagt Feldmann. Etwa 50 bis 60 Prozent der onkologischen Patienten erhalten nach seinen Angaben im Laufe ihrer Behandlung eine Strahlentherapie.

Und vieles spricht für den Beobachter dafür, dass es künftig noch mehr sein werden, um den Durchbruch in eine curative Therapie zu erreichen. Ich habe das komplexe Thema für das Klinikum Fulda in einer Pressemitteilung zusammengefasst. Wenn Sie mehr lesen wollen:

https://www.klinikum-fulda.de/klinikum-fulda-eroeffnet-neue-strahlentherapie-praezisionstherapie-fuer-die-spitzenmedizin-in-der-region/